Zukunft Kasernenareal Zürich, Veranstaltung vom 6. April 2013

Bild von einem Ort im Kasernenareal

Unter dem Mot­to „Ihre Mei­nung ist uns wich­tig“ fand am 6. April 2013 die ers­te öffent­li­che Ver­an­stal­tung des Betei­li­gungs­pro­zes­ses zur Zukunft des Kaser­nen­are­als statt. Das Inter­es­se und der Andrang waren gross. Nach­dem in der Ver­gan­gen­heit vie­le mehr oder weni­ger uto­pi­sche Ideen und Pro­jek­te rund ums Kaser­nen­are­al ent­stan­den waren und wie­der in der Ver­sen­kung ver­schwan­den, besteht nun durch die Frei­wer­dung des Are­als die Chan­ce auf eine rea­le Umset­zung und kon­kre­te Umnutzung.

Historisches

Der Tag begann um 11 Uhr mit einer Füh­rung durch Mit­ar­bei­ter der Denk­mal­pfle­ge. Dabei drang man auch in Berei­che vor, die der Öffent­lich­keit wegen des schlech­ten Bau­zu­stands nicht zugäng­lich sind.

Als Zürich Mit­te des 19. Jahr­hun­derts mit dem Bau von Haupt­bahn­hof und Bahn­hofstras­se ein neu­es pracht­vol­les Stadt­zen­trum bekam, wur­den die Mili­tär­an­la­gen aus der Stadt ver­bannt. Zeug­haus­kel­ler und Para­de­platz wur­den umfunk­tio­niert, die Stadt­be­fes­ti­gung war schon Jah­re vor­her ver­schwun­den. So ent­stand nach dem Gene­ral­plan von Staats­bau­in­ge­nieur Johann Cas­par Wolff die Kaser­nen­an­la­ge in den Jah­ren 1864–1876, also qua­si auf der grü­nen Wiese.

Der Kreis 4 mit sei­ner dich­ten Bebau­ung bestand damals näm­lich noch nicht. Stras­sen­na­men wie Anwand­stras­se und Feld­stras­se zeu­gen noch von die­ser Zeit der schma­len Äcker. Erst der Bau des Güter­bahn­hofs läu­te­te den Bau­boom ein, der zur Ent­ste­hung des Kreis 4 führ­te. Mit der Ein­ge­mein­dung 1893 war die Kaser­ne fast wie­der am alten Platz: mit­ten in der Stadt.

Die Anla­ge erstreckt sich von der heu­ti­gen Gess­ne­r­al­lee bis zur Kano­nen­gas­se im Kreis 4. Die Gebäu­de der Gess­ne­r­al­lee wur­den bereits umge­nutzt und die­nen heu­te zum Gross­teil dem Thea­ter der Küns­te als Expe­ri­men­tier- und Übungs­feld. Jen­seits der Sihl erstreckt sich das eigent­li­che Kaser­nen­are­al, mit dem reprä­sen­ta­ti­ven Kaser­nen­haupt­ge­bäu­de als Kopf. Es dient momen­tan der Kan­tons­po­li­zei. Die direkt anschlies­sen­de ehe­ma­li­ge Exer­zier­wie­se ist zwei­ge­teilt: eine Hälf­te liegt hin­ter Sta­chel­draht und beher­bergt das Gefäng­nis. Die ande­re Hälf­te ist zugäng­lich und wird gern von Schau­stel­ler­be­trie­ben genutzt. An die Wie­se schliesst das Zeug­haus an, das momen­tan von ver­schie­de­nen Zwi­schen­nut­zun­gen besetzt ist. Die gesam­te Anla­ge ori­en­tier­te sich in ihrer Sym­me­trie an baro­cken Schloss­an­la­gen und ist voll­stän­dig erhal­ten, wenn auch zum Teil in einem sehr schlech­ten Zustand.

Als Schman­kerl durf­te die Grup­pe den alten Waf­fen­saal besich­ti­gen, der gleich­zei­tig maro­de und pracht­voll ist.

Der Prozess

Nach der Mit­tags­pau­se gab es im Wal­che­turm einen Über­blick auf den Pro­zess, der schluss­end­lich zum Mas­ter­plan füh­ren wird. Eine ers­te Vor­be­rei­tungs­pha­se fand bereits statt. In der nun statt­fin­den­den zwei­ten Pha­se wird die Bevöl­ke­rung betei­ligt und kann Wün­sche und Bedürf­nis­se anbrin­gen. Die Ergeb­nis­se wer­den dann in der drit­ten Pha­se zusam­men­ge­tra­gen und kon­so­li­diert, so dass am Ende der Mas­ter­plan vor­liegt. Die­ser dient dann als Grund­la­ge für wei­te­re Dis­kus­sio­nen und bil­det den Rah­men für die Weiterentwicklung.

Auch die Rah­men­be­din­gun­gen für die Ent­wick­lung des Are­als wur­den vor­ge­stellt. Hier in Kürze:

  • Die Qua­li­tä­ten des Are­als in Bezug auf Stand­ort und Quar­tier sol­len berück­sich­tigt werden.
  • Die Gebäu­de auf dem Kaser­nen­are­al sind denkmalgeschützt.
  • Die Wie­se und der Kaser­nen­hof als Frei­flä­che sind zu erhalten.
  • Zutritt und Anknüp­fung ans Quar­tier müs­sen gewähr­leis­tet sein.
  • Nut­zun­gen kön­nen / müs­sen fle­xi­bel sein.
  • Und last but noch least: die wirt­schaft­li­che Trag­bar­keit muss gege­ben sein.

Der Workshop

Neben ver­schie­de­nen ande­ren Ver­an­stal­tun­gen fand auch ein Work­shop statt, der mit 120 Teil­neh­men­den voll­stän­dig aus­ge­bucht war. In 14 Grup­pen fand man sich und dis­ku­tier­te rege . Das Kaser­nen­are­al ist momen­tan wie ein gros­ser Topf, in dem ein lecke­res Süpp­chen bro­delt. Lei­der ist in dem Topf halt auch ein alter Kno­chen, der viel Platz weg­nimmt. Es ist eine beson­de­re Her­aus­for­de­rung, sich die­sen Kno­chen mal weg­zu­den­ken und alles Mög­li­che in den Topf hin­ein­zu­träu­men. Das Ergeb­nis kann ein bun­tes Gemü­se­al­ler­lei sein, ein edler Vier­gän­ger oder ein unge­niess­ba­rer Brei. Ent­spre­chend enga­giert war die Dis­kus­si­on. Es wur­den die ver­schie­dens­ten Wün­sche geäus­sert; beson­ders wich­tig war jedoch die räum­li­che Anbin­dung ans Quar­tier: Zutritt von allen Sei­ten – die bereits vor­han­de­ne Mit­tel­ach­se als Diret­tis­si­ma von Aus­ser­sihl an die Bahn­hofstras­se. Auch über die mög­li­chen Nut­zungs­for­men war man sich ziem­lich einig: bevor­zugt wur­den fami­li­en­freund­li­che, kul­tu­rel­le, sozia­le Nut­zun­gen. Eine zwei­te Euro­pa­al­lee hat wohl kei­ne Chan­ce auf dem Gelände.

14 Stell­wän­de mit Zet­teln war­ten nun auf ihre Aus­wer­tung. Am 15. Juni soll es wei­ter­ge­hen. (ao)