Geschichte von Aussersihl

Aus­ser­sihl war bis 1787 Bestand­teil von Wie­di­kon, das Gebiet reich­te von der Sihl-brü­cke, Sihl, Manes­se­bach (Höck­ler­brü­cke), Fal­lät­sche, Üet­li­berg­grat, Trü­ben­bach (Let­zi­bach) Lang­ar­ten (Lang­acker im Hard), Hard­hüs­li (alte Lim­mat­brü­cke der Stras­se Alt­stet­ten-Höngg), Lim­mat, Sihl zur Sihlbrücke.

Aus den Anfängen (Keltische Spuren)

3./4. Jhdt. Gebiet Hochgericht/Badenerstrasse Über­res­te einer römi­schen Vil­la. Eine alte Römer­stras­se ver­lief über die Mili­tär­brü­cke und Hohl­stras­se (Hoh­len­weg) nach Baden
5./6. Jhdt. Im Gebiet der Engel-/St­auf­fa­cher­stras­se befand sich ein ale­man­ni­scher Friedhof
853 Schen­kung des Sihl­fel­des durch Lud­wig dem Deut­schen an die Fraumünsterabtei
889 Erwäh­nung von Wie­di­kon als Wie­din­cho­va, beim Hof des Wie­ding oder Wie­do (Gott­ge­weih­ten)
9./10. Jhdt. Mut­mass­li­cher Bau des Hardturms
12. Jhdt. In St.Jakob stand bereits ein Sie­chen­haus und eine Kapel­le, 1221 ers­te schrift­li­che Erwähnung

Aussersihl als Teil von Wiedikon

14./15. Jhdt. Das Dorf Wie­di­kon ent­steht, zu dem auch Aus­ser­sihl gehört
1443, 22. Juli Schlacht bei St.Jakob a.d.Sihl, alter Zürich­krieg zwi­schen Zür­chern und Schwy­zern um das Erbe des Gra­fen von Toggenburg
1600, 12. Aug. Ziel­schies­sen mit Geschüt­zen vom Sihl­feld gegen den Eich­by­fang (Eich­bühl). In Aus­ser­sihl fan­den oft Schiess­übun­gen statt.
1661 Ein­füh­rung der Kin­der­leh­re (Kate­chi­sa­ti­on) zu St. Jakob für die Kin­der von Hard und an der Sihl
1677 Umwand­lung des Sie­chen­hau­ses in ein Pfrund­haus (Alters­heim), das bis 1842 bestehen blieb
1784, 27. Sept. dem Gesuch der Bewoh­ner von Kräu­el und Hard eine eige­ne Gemein­de zu wer­den, weil ihnen Wie­di­kon das Bür­ger­recht ver­wei­ger­te, wird statt­ge­ge­ben. Die neue Gemein­de heisst Aus­ser­sihl­ge­mein­de (äus­se­re Sihl), bleibt aber noch unter der Ober­vog­tei von Wiedikon.

Aussersihl als selbständige Gemeinde 1787–1892

1787, 27. März Aus­ser­sihl wird eine selb­stän­di­ge Gemeinde
1788 Im Haus zur roten Wand, Ecke Bade­ner-/Rot­wand­stras­se, wird eige­ne Schu­le für Aus­ser­sihl eingerichtet
1790 Der Böls­ter­li­hof (Schlacht­hof­are­al) wird in Aus­ser­sihl eingemeindet.
1792, Mai Gros­ses mili­tä­ri­sches Übungs­la­ger im Kreu­el mit ca. 1500 Mann der Zür­cher Miliz­trup­pen im Hin­blick auf den Französisch/österreichischen Krieg.
1798 erst­mals fran­zö­si­che Trup­pen in Aus­ser­sihl, vor­wie­gend leich­te Artillerie
1799, 13. Mai Bestel­lung der Muni­ci­pia­li­tät: Prä­si­dent Dün­ner, Ammann, Ackert, Zieg­ler, Huber
1799, 15. Juni Schlach­ten bei Zürich – in Aus­ser­sihl hal­ten sich Rus­sen, öster­rei­cher und Fran­zo­sen auf. 15. Juni Angriff der Fan­zo­sen auf k.k Lager im Sihl­feld, 14. August zwei­ter Angriff der Fran­zo­sen, vie­le Zuschau­er aus der Stadt, die auch Opfer­hil­fe leis­ten. Ende August Ablö­sung der öster­rei­cher durch Russen.
1799, 25./26. Sept. 2. Schlacht bei Zürich, Kämp­fe in der Gegend beim Schlacht­hof und bei der Haupt­gru­be an der Badenerstrasse
1802 Bela­ge­rung der etwas unbot­mäs­si­gen Stadt in der Gegend des Otten­güet­li (Vor­bahn­hof) durch Gene­ral Ander­matt der hel­ve­ti­schen Regierung.
1810 letz­te Hin­rich­tung eines Die­bes beim Hoch­ge­richt (Gal­gen)
1820 Gegen­über St. Jakob an der Bade­n­er­stras­se ent­steht ein neu­er Fried­hof mit Bet­haus (1844)
1820 Grün­dung der Tier­arz­nei­schu­le im Haus Feld­egg bei ehe­ma­li­ger Haupt­gru­be. 1834 Ver­le­gung in den Selnau.
1821, 27. Mai Ein­wei­hung des neu­en Gemein­de- und Schul­hau­ses an der Zwei­er-/Ba­de­n­er­stras­se
1834 Eidg. Schüt­zen­fest in Wie­di­kon (Aeger­ten­wie­se) und Aussersihl
1844–46 Hun­gers­not in Aus­ser­sihl – es müs­sen Nah­rungs­mit­tel abge­ge­ben werden
1847 Eröff­nung der “Spa­nisch-Bröt­li­bahn”. Aus­ser­sihl wird ent­zwei­ge­schnit­ten (spä­te­re Krei­se 4 + 5)
1852 Rück­ga­be der Höfe Frie­sen­berg, Au, Hal­den, Giess­hü­bel, Binz und Tölt­schi an Wiedikon
1856 Eröff­nung der Bahn­li­nie nach Örlikon
1863, Juni Ein­wei­hung des Zen­tral­schul­hau­ses (Kanz­lei­schul­haus)
1867 Aus­ser­sihl erhält eine eige­ne Sekundarschule
1867 Stei­ner­ne Sihl­brü­cke ersetzt gedeck­te Holzbrücke
1867 Cho­le­ra-Epi­de­mie, aus­ge­bro­chen im Nie­der­dorf, greift auf Aus­ser­sihl über. Die sani­tä­ren Ver­hält­nis­se müs­sen ver­bes­sert werden.
1872 Eidg. Schüt­zen­fest. Der Schiess­stand befand sich an der Lang­stras­se (Kanz­lei­schul­haus), der Schei­ben­stand in der Pflanz­schul­stras­se, der Gaben­tem­pel im Rot­wand­are­al und die Fest­hüt­te (5300 Plät­ze) auf dem Helvetiaplatz.
1873–75 Bau der Kaser­ne und Zeughäuser
1874 Ein­wei­hung der röm. kath. Kir­che St. Peter und Paul
1875 Bil­dung des Industriequartieres/Seebahnlinie wird in Betrieb genommen.
1882 Aus­ser­sihl zählt ca. 30’000 Ein­woh­ner, die Stadt Zürich ca. 28’000 Einwohner.
1882 Aus­ser­sihl wird durch das “Röss­li­tram” vom Bahn­hof bis zum Zen­tral-Fried­hof erschlossen.
1883 Aus­schei­dungs­ver­trag mit St. Peter, Aus­ser­sihl wird zur selb­stän­di­gen Kirchgemeinde

Stadtkreis III 1893–1913

1893, 1. Jan. Stadt­ver­ei­ni­gung, Aus­ser­sihl wird auf eige­nen Wunsch von der Stadt Zürich ein­ge­mein­det und bil­det zusam­men mit Wie­di­kon den Stadt­kreis III
1894 Via­dukt ersetzt den Bahn­damm nach Wipkingen
1896, 26.–29. Juli “Ita­lie­ner Kra­wall”. Durch die enor­me Bau­tä­tig­keit war Aus­ser­sihl voll von ita­lie­ni­schen Arbei­tern. Sie haus­ten in erbärm­li­chen Ver­hält­nis­sen, bestimm­ten aber laut­stark das Leben, so dass es schliess­lich zu wüs­ten Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit jun­gen Schwei­zern, vor allem Tur­nern, kam. Sogar die Rekru­ten­schu­le muss­te auf­ge­bo­ten werden.
1897 Neu­er Güter­bahn­hof wird bezogen
1898 Indus­trie­stras­sen­bahn nimmt Betrieb auf
1898 Hard­brü­cke wird dem Ver­kehr übergeben
1901 St. Jakobs­kir­che, anstel­le Bet­haus, wird bezogen
1901 Bezug der kan­to­na­len Polizeikaserne
1909 Eröff­nung des Schlachthofes
1910 Eröff­nung des Volkshauses
1911 SBB-Haupt­werk­stät­te nimmt Betrieb auf

Stadtkreis 4

1913 Aus dem Stadt­kreis III wer­den die Stadt­krei­se 3, 4 und 5.
1916 Bezirks­ge­bäu­de wird bezogen
1922
Ent­ste­hung Bul­lin­ger­platz
1919–1920 Ers­te Bul­lin­ger­kir­che wird gebaut
1927 Eröff­nung der neu­en See­bahn­li­nie als Ein­schnitt und Tunnel
1930 Inbe­trieb­nah­me der Sihl­post (ex Rohmaterialbahnhof)
1949–1950 St. Felix & Regu­la Kir­che wird gebaut
1954–1955 Neue Bul­lin­ger­kir­che wird gebaut
1966 Bezug städ­ti­sche Gross­über­bau­ung Lochergut
1975 Städ­ti­sche Gross­über­bau­ung Hardau wird bezogen
1982 Neue Hard­brü­cke wird dem Ver­kehr übergeben
1997 Bau­be­ginn Bahn2000 2. Dop­pel­spur nach Thalwil

Quartierbezeichnungen

Im heu­ti­gen Sprach­ge­brauch wird der Name der ehe­ma­li­gen Gemein­de Aus­ser­sihl für den Teil des Krei­ses 4 öst­lich der See­bahn­li­nie ver­wen­det, der Teil west­lich davon wird als Hard­quar­tier bezeich­net. Der Kreis 5 heisst Indus­trie­quar­tier. Nach Sta­tis­ti­schem Amt wird der Stadt­kreis 4 in die 3 Quar­tie­re Werd (süd­lich Bade­n­er­stras­se), Lang­stras­se (nörd­lich Bade­n­er­stras­se und öst­lich See­bahn­li­nie) und Hard (west­lich See­bahn­li­nie) eingeteilt.

Beschreibung von Aussersihl nach der Jahrhundertwende (1900)

Aus­ser­sihl ist total neu, Die ehe­ma­li­ge klei­ne Ansied­lung um den St. Jakob her­um sowie die alten Land­gü­ter und Bau­ern­hö­fe im Hard sind ver­schwun­den. Enstan­den sind moder­ne städ­ti­sche Quar­tie­re. Unter den Bewoh­nern besteht wenig inne­rer Zusam­men­halt, sie sind von über­all her zusam­men­ge­strömt. Alte ange­stamm­te Eigen­art wür­de man hier ver­ge­bens suchen. Die alten Aus­ser­sih­ler sind fast alle aus­ge­stor­ben oder aus­ge­wan­dert, die jet­zi­ge Bevöl­ke­rung weiss nichts mehr von frü­he­ren Verhältnissen.

Jugendliche (vor 1900)

Bekannt waren die Nacht­bu­ben, wel­che aller­lei Strei­che ver­üb­ten. Räbe­liech­t­li­tra­di­ti­on gab es in Wie­di­kon und Aus­ser­sihl. Anfang 19. Jhdt. kämpf­ten in und bei der Sihl­brü­cke am «Brü­gelm­än­dig» Städ­ter und Sihl­ge­meind­ler-Kna­ben, man bewarf sich mit Stei­nen, an Fas­nacht gabs Schlach­ten zwi­schen Wie­di­ker und Sihl­ge­meind­ler Bög­gen, man schoss in die Luft, warf Stei­ne, prü­gel­te, keil­te und würg­te. Im Win­ter schnit­ten Kna­ben mit Äxten und Sägen gros­se Eis­plat­ten aus der Sihl und fuh­ren dar­auf die Sihl hin­un­ter, es kam auch zu töd­li­chen Unfällen.